Datenspeicherkonzept: Vorteilhafter Fehler

Materialdefekt verbessert Sensitivität

Jülich, 9. April 2020. Bei der Produktion nanoelektronischer Bauteile sind Materialdefekte üblicherweise unerwünscht, denn sie können das angestrebte Verhalten beeinträchtigen. Dass solche Defekte jedoch auch nützlich sein können, zeigen neue Computersimulationen eines Physikerteams des Forschungszentrums Jülich. Ihren Untersuchungen zufolge könnten – gezielt eingebrachte – Materialdefekte die Leistung einer bestimmten Klasse von Datenspeichern verbessern.

Die so genannten „Race-Track Memory“-Chips sind ein Konzept für zukünftige leistungsfähige und energiesparende Datenspeicher. Sie sollen einmal Daten in Form winziger Magnetwirbel, so genannter Skyrmionen, speichern. Die Wirbel bewegen sich innerhalb des Speichers und werden an Sensorstellen mittels elektrischer Widerstandsmessung ausgelesen. Bereits 2015 hatte ein Team um den auch jetzt an der Studie beteiligten Prof. Samir Lounis vom Peter Grünberg Institut und dem Institute for Advanced Simulation das Konzept entwickelt. Dabei berechneten sie, dass sich damit die Integrationsdichte von Daten um den Faktor 500 bei gleicher Geschwindigkeit steigern lassen sollte.

Skyrmionen kommen an der Oberfläche oder Grenzfläche dünner Metallfilme vor und gehören mit einer Größe von einigen wenigen Nanometern zu den kleinsten bekannten stabilen magnetischen Formen. Die Forscher um Samir Lounis fanden nun mit Hilfe von Computersimulationen heraus, dass einzelne atomare Defekte in den Metallfilmen zu deutlich stärkeren Signalen beim Auslesen der Skyrmionen führen können. „Man kann sich das vorstellen wie den Effekt einer Lupe, mit dem die Skyrmionen besser erkannt werden“, freut sich Samir Lounis. „Dies ist auch für komplizierte mehrschichtige Aufbauten nützlich, weil man Signale aus Skyrmionen selbst in tieferen Schichten auslesen kann.“ Dies würde eine weitere Miniaturisierung von Speicherchips ermöglichen.

Der Effekt ließe sich nach Vorstellung der Forscher nutzen, indem die Materialdefekte gezielt an den Stellen im Speicher eingebracht werden, an denen die Skyrmionen ausgelesen werden. Sobald ein Skyrmion in den Bereich eines Defekts wandert, verändert dies die elektronischen Eigenschaften des Defekts. Ein Sensor, der den elektrischen Widerstand an dieser Stelle misst, registriert dabei eine Änderung des elektrischen Widerstands. Die Forscher planen nun weitere Untersuchungen dazu, wie sich komplexere Materialdefekte auswirken und ob eine Detektion statt auf elektrischem Weg auch auf optischem möglich ist.

Datenspeicherkonzept: Vorteilhafter Fehler
Im Konzept der sogenannten „Race-Track Memory“-Technologie soll ein Skyrmion (bunte Pfeil-Wirbel) eine „Null“ codieren, ferromagnetische Bereiche (blaue Pfeile) eine „Eins“. Der XMR-Effekt (von engl. "Spin-mixing magnetoresistance") und seine durch Materialdefekte verstärkten Varianten könnten das elektrische Auslesen der Daten ermöglichen. Die Wirbel bewegen sich in diesem Konzept durch den Speicherchip und werden an Sensorstellen (braune Platten) ausgelesen.
Quelle: Forschungszentrum Jülich

Originalpublikation: Defect-implantation for the all-electrical detection of non-collinear spin-textures; Imara Lima Fernandes, Mohammed Bouhassoune, Samir Lounis; Nature Communications 2020, DOI: 10.1038/s41467-020-15379-6

Weitere Informationen:

Pressemitteilung vom 16.10.2015 Neuer Magneteffekt erspürt Nanomagnetwirbel

Fachmeldung vom 22.10.2018 IT-Hoffnung Skyrmionen: Wechselwirkungen besser verstanden

Arbeitsgruppe Functional Nanoscale Structure Probe and Simulation Laboratory (Funsilab) am Forschungszentrum Jülich: www.fz-juelich.de/pgi/Group-Lounis 

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Samir Lounis
Quanten-Theorie der Materialien (PGI-1/IAS-1)
Forschungszentrum Jülich

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Angela Wenzik
Wissenschaftsjournalistin
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Letzte Änderung: 24.10.2022