Vision

Neue Technologien und Materialien für die Zukunft

Technologischer Fortschritt ist eng mit den Materialien und Prozessen verknüpft, die uns zur Verfügung stehen. In unserer Forschungsgruppe verwenden wir eine von uns patentierte Schattenmaskentechnologieund topologische Isolatoren um Probleme in den Forschungsfeldern topologisches und konventionelles Quantencomputing zu lösen. Ein Quantencomputer ist ein Prozessor, der auf Basis von Quantenzuständen Berechnungen durchführt und spezifische Rechenaufgaben schneller lösen könnte als konventionelle Computer. Zu diesen spezifischen Rechenaufgaben zählen unter anderem Verschlüsselung und Optimierungsaufgaben.

Die Herausforderung im Bereich Quantencomputing sind vielfältig, sodass viele Fragestellungen nur in Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus mehreren Fachgebieten gelöst werden können. Deshalb arbeiten wir im Rahmen mehrerer Projekte mit vielen Partnern aus Deutschland und dem Ausland zusammen. Innerhalb unserer Gruppe arbeiten wir an den Aspekten Simulation von Quantensystemen, der Herstellung von Quantenchips sowie deren Charakterisierung.

Topologische Isolatoren - eine neue Materialklasse

Schematischer Aufbau einer Supraleiter-Typologischer Isolator-Supraleiter Josephson Junction. Bild aus Schüffelgen et al.

Topologische Isolatoren sind eine relativ neue Materialklasse, dessen Existenz 2007 zum ersten mal experimentell nachgewiesen wurde. Topologische Isolatoren sind Festkörpe, die in eine sogenannte toplogische Phase eintreten können, bei der sich das innere des Festkörpers wie ein elektrischer Isolator verhält, während die Oberfläche nahezu verlustfrei Strom leitet1. Aufgrund der geringen (thermischen) Verluste sind topologische Isolatoren interessant für die Halbleiterindustrie. Ein weiterer möglicher Anwendungsbereich sind topologische supraleitende Qubits, bei denen ein topologischer Isolator mit einem Supraleiter kombiniert wird. Die globale topologische Phase könnte resistent gegenüber lokalem Rauschen sein und somit das Problem der limitierten Kohärenzzeit in heutigen Qubits überwinden.

Schattenmaskentechnologie

Schattenmaske, wie sie in Schüffelgen et al. präsentiert wird.

Dünnschichttechnik ist eine zentrale Technologie der Halbleiterelektronik und wird unter anderem zur Fertigung von integrierten Schaltkreisen. verwendet. Um das selektive Wachstum von topologischen Isolatoren mit etablierten Fabrikationsmethoden Dünnschichttechnik zu kombinieren haben wir eine neue Schattenmaskentechnologie entwickelt, die in Schüffelgen et al. beschrieben wird. Hierbei verwenden wir Siliziumdioxid und Siliziumnitrid mit Schichtdicken um eine Maske für das selektive Wachstum von topologischen Isolatoren zu erzeugen. Eine zweite dickere Lage Siliziumdioxid und Siliziumnitrid wird verwendet um einen Schattenwurf beim Wachstum von supraleitenden Materialien zu erzeugen. Die so hergestellten Materialsysteme sind Heterostrukturen aus Supraleitern und toplogischen Isolatoren.

Laut theoretischen Vorhersagen können diese Materialsysteme verwendet werden um topologische Quantencomputer basierend auf sogenannter Majorana-Zero-Modes (MZM) zu bauen. Die in Schüffelgen et al präsentierten Ergebnisse sind konsistent mit der theoretischen Erwartungen für ein System mit MZMs. Die Technologie lässt sich außerdem skalieren.

Von der Simulation zum Wachstum zur Anwendung

Die Herausforderung bei der Erforschung von topologischen Isolatoren und Quantencomputern sind vielschichtig. Deshalb ist unser Team vielseitig aufgestellt. Die verschiedenen Aufgabenbereiche für die Entwicklung neuer Quantenchips lassen sich in die drei Teilbereiche Simulationen, Wachstum und Messungen unterteilen. Diese Bereiche sind keineswegs komplett unabhängig voneinander sondern greifen ineinander.

Simulationen

Simulationen und die Modellierung von Nanostrukturen spielen eine wichtige Rolle bei der Konzipierung und Auswertung von Quantenchips und Experimenten. Durch die Modellierung kann sowohl die Gerätegeometrie als auch die Materialzusammensetzung von für Quantenchips and das jeweilige Experiment angepasst werden. Zudem ermöglichen Simulationen eine Auswertung der häufig komplexen Daten aus Experimenten. Insbesondere im Projekt "Bausteine für das Quantencomputing auf Basis topologischer Materialien mit experimentellen und theoretischen Ansätzen" liegt ein Fokus unserer Gruppe auf Simulationen.

Wachstum

Wachstumsteam vor der Wachstumsanlage am Jülicher Nanocluster. Von links nach rechts: Max Vaßen-Carl, Michael Schleenvoigt, Tobias Schmitt und Peter Schüffelgen. Copyright: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Topologische Isolatoren werden in Ulrahochvakuum-Kammern in Molekularstrahlepitaxie-Anlagen gewachsen. Die Qualität der topologischen Isolatoren hängt dabei stark von den Wachstumsparametern wie Materialfluss, Substrattemperatur und Oberflächensauberkeit des Substrats ab. Durch die Wahl der Wachstumsparameter in Kombination mit der Schattenmaske können wir zudem selektives Wachstum des topologischen Isolators in lithographisch definierten Bereichen des Substrats erzielen.

Die Molekularstrahlepitaxie-Anlagen ist Teil des Jülicher Nanoclusters. Damit haben wir Zugang zu anderen Materialklassen und können die topologischen Isolatoren unter anderem mit Supraleitern zu Heterostrukturen kombinieren. Zusätzlich verwenden wir die Helmholtz-Nanofacility zur Vorbereitung unserer Substrate und Postfabrikation der Quantenchips nach dem Wachstum.

Messungen

Teile des Team im Kryostatenlabor. Von links nach Rechts: Peter Schüffelgen, Anne Schmidt, Tobias Schmitt und Roudy Hanna. Copyright: Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau

Nach der Fertigstellung eines Quantenchips wird dieser in der Regel bei Millikelvin Temperaturen vermessen, da die Quantenphänomene, die wir beobachten wollen, nur bei niedrigen temperaturen zu beobachten sind. Diese Messungen werden in unserem Kryostatenlabor Labor 13 durchgeführt. Darin befinden sich zwei Mischkryostaten, die jeweils mit starken Vektormagneten ausgestattet sind mit denen wir Magnetfeldstärken im Teslabereich anlegen können.

Die Kryostaten sind hierbei für verschiedene Experimente optmiert. Ein Kryostat ist für rauscharme niedrigfrequente Transportmessungen optimiert mit Magnetfeldern bis zu 6 Tesla optimiert. Der zweite Kryostat ist sowohl für niedrigfrequente Transortmessungen als auch hochfrequente Messung supraleitender Qubits optimiert.

Hochqualitative Materialien

Wir optimieren die Schattenmaskentechnologie auch unabhängig vom Wachstum topologischer Materialien voran. Die Vorteile der Maske gegenüber Polymerbasierten Masken ist, dass 1) eine gründliche Reinigung aller Oberflächen vor einem Materialwachstum möglich is 2) die Maske in Ultrahochvakuum-Kammern verwendet werden kann und 3) die Maske Temperaturstabil ist. Aus diesen Gründen erforschen wir die Verwendung der Maske für konventionelle supraleitende Qubits zur Erhöhung der Kohärenzzeiten sowie für neuartige Wachstumsmethoden, wie beim TLE4HSQ-Projekt.

1 Diese Beschreibung trifft auf sogenannte 3-dimensionale topoligische Isolatoren zu. Bei 2-dimensionalen topologischen Isolatoren sind ist die Oberfläche isolierend und die Außenkanten elektrisch leitend.

Letzte Änderung: 31.05.2022