Transportprozesse in porösen Komponenten

Der elektrochemische Umsatz bei Brennstoffzellen und Elektrolyseuren findet auf kleinen räumlichen Skalen im Nanometer-Bereich statt. Unter verfahrenstechnischen Aspekten sind das funktionale Schichten, die aus makroskopischer Sicht gewisse homogene Transporteigenschaften aufweisen. Bei den funktionalen Schichten handelt es sich um poröse Transportschichten mit Strukturen im Mikro- und Nanometerbereich. Poröse Materialien bestehen aus irregulär angeordneten Strukturen. Transportsimulationen zeigen starke lokale Streuung von Geschwindigkeiten und Strömungen, die durch lokale Anordnung von geometrischen Objekten verursacht werden. Wird das Material komprimiert, ändern sich nicht nur die homogenisierten Materialeigenschaften, sondern auch der Streuungsbereich der lokalen Geschwindigkeiten.

Stochastische Aspekte

Die Mikrostrukturen poröser Schichten zeigen lokal große Unterschiede voneinander. Daher werden – neben realen Strukturen, beispielsweise aus nano-CT-Aufnahmen – stochastische Geometriemodelle verwendet, um dreidimensionale Geometrien zu erstellen, die stochastisch äquivalent zur realen Mikrostruktur sind. In der Abbildung sind exemplarisch zwei Realisationen eines Geometriemodells dargestellt, die stochastisch äquivalent zur realen Struktur einer Gasdiffusionsschicht (gas diffusion layer, GDL) sind. Sie bestehen aus 26 Faserebenen, hier mit einer räumlichen Auflösung von 5 Bildpunkten je Faserdurchmesser. Für die Visualisierung wurden die beiden oberen Faserebenen eingefärbt. Dadurch werden lokale Unterschiede der Faserlegung hervor gehoben.

Zwei Repräsentationen eines stochastischen Fasermodells
Zwei Repräsentationen eines stochastischen Fasermodells

Der Transport von Gasen und auch Zweiphasengemischen wird mit der Lattice-Boltzmann-Methode auf dem Supercomputer JURECA des JSC simuliert. Dazu werden sowohl in-house als auch Open-Source-Tools angewandt. Für die Simulation auf 30 bis 500 Millionen Zellen werden derzeit bis zu 1600 Computerkerne in Anspruch genommen. Trotzdem kann angezweifelt werden, dass Simulationen auf einer einzelnen Dömane hinsichtlich lokaler physikalischer Prozesse repräsentativ sei – immerhin stellt der oben dargestellte Bildausschnitt weniger als 1 mm² des Materials dar. Die stochastische Komponente des Geometriemodells emuliert Situationen an verschiedenen Positionen des Materials, ähnlich wie beispielsweise reale dreidimensionale Aufnahmen der Mikrostruktur an unterschiedlichen Positionen Differenzen in den Einzelheiten zeigen würden. Statistische Streuung in Eingabedaten – stochastische Geometrien sind nichts Anderes – führen zu statistischer Streuung in den Rechenergebnissen, also auch von umfangreichen Simulationen. Das zeigt sich exemplarisch in der Streuung von Permeabilitäten. 25 Repräsentationen des Geometrienmodells wurden mit fünf Varianten kombiniert, in denen der Binder zwischen den Fasern angeordnet werden kann (A bis E im Bild). Aus 125 Transportsimulationen wurde jeweils die Permeabilität ermittelt. Die Streuung wird für jede Gruppe (A bis E) durch einen Boxplot dargestellt, der neben dem Minimum und Maximum die 25%-, 50%-, und 75%-Quantile zeigt.

Statische Streuung von Permeabilitäten in fünf Gruppen von Simulationen, jeweils 25 Repräsentationen des Fasermodells einer GDL.
Statische Streuung von Permeabilitäten in fünf Gruppen von Simulationen, jeweils 25 Repräsentationen des Fasermodells einer GDL.

Vorhersage der Permeabilität von porösen Transportschichten unter Verwendung von neuronalen Netzen

In der hier vorgestellten Arbeit wird die Vorhersage der Permeabilität in faserbasierten Gasdiffusionsschichten durch neuronale Netze dargestellt. Auf der Grundlage einer Reihe von geometrischen Mikrostrukturen und den dazu gehörenden Permeabilitäten, die mit Hilfe von Lattice-Boltzmann-Simulationen berechnet wurden, wurde ein neuronales Netz entwickelt und trainiert, um die Permeabilität solcher papierartigen Strukturen vorherzusagen. Ausgehend von einem Basismodell wurden die Netzarchitektur und die Hyperparameter systematisch optimiert. Diese Optimierungen führten zu einer Verringerung des mittleren quadratischen Fehlers der Vorhersagen um 68 % im Vergleich zu dem für die Tests verwendeten Datensatz. Das endgültige Modell ist in der Lage, Permeabilitäten von Mikrostrukturen mit einer relativen Abweichung von 5,29 % vorherzusagen, was deutlich unter der zugrunde liegenden Varianz des stochastischen Modells liegt, das für die Generierung der verwendeten Daten verwendet wurde. Die Genauigkeit des optimierten Modells wurde anhand einer fünffachen Kreuzvalidierung weiter validiert, die die Ergebnisse bestätigte. Das Training des neuronalen Netzes erfordert erhebliche Rechenressourcen, vorzugsweise GPUs; die Vorhersage der Permeabilität kann jedoch auf herkömmlichen Desktop-Computern durchgeführt werden. Das neuronale Netz arbeitet auf den dreidimensionalen Mikrostrukturen, für die Visualisierung wurde eine zweidimensionale Ebene gewählt.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten der Methoden des Maschinellen Lernens liegen in der effizienten Vorhersage des dynamischen Verhaltens elektrochemischer Anlagen.

Vorhersage der Permeabilitäten der unkomprimierten Mikrostrukturen. Links: Obere Faserebene einer GDL vom Papiertyp; Mitte: Vereinfachte 2D-Darstellung von zwei der verdeckten Schichten des neuronalen Netzes;  Rechts: Permeabilität berechnet durch die Transportsimulationen und vorhergesagt durch das neuronale Netz.
Vorhersage der Permeabilitäten der unkomprimierten Mikrostrukturen. Links: Obere Faserebene einer GDL vom Papiertyp; Mitte: Vereinfachte 2D-Darstellung von zwei der verdeckten Schichten des neuronalen Netzes; Rechts: Permeabilität berechnet durch die Transportsimulationen und vorhergesagt durch das neuronale Netz.

Zweiphasensimulationen

Gasdiffusionsschichten (gas diffusion layer, GDL) bestehen aus Carbonfasern, die von Natur aus hydrophil sind. Durch die Beschichtung mit Polytetrafluorethylen (PTFE) entsteht eine gewünschte hydrophobe Eigenschaft der beschichteten Fasern. Neben der stochastischen Charakteristik der Faserlagen entsteht eine statistische Verteilung der PTFE entlang der Fasern – wirklich bekannt ist im Allgemeinen nur die Gesamtmenge des verwendeten PTFE. Wassertropfen, die auf der Kathodenseite einer Brennstoffzelle aus der GDL austreten, finden sich wegen der statistischen Charakteristik der Mikrostruktur nicht nur an zufällig verteilten Orten, sondern haben – ebenfalls wegen der irregulären Faserstruktur – auch asymmetrische Tropfenformen, die mit der rauen GDL-Oberfläche je nach Betrachtungsebene unterschiedliche Kontaktwinkel bilden.

Aus der GDL-Oberfläche austretende Wassertropfen an zwei Stellen der irregulären Faserstruktur einer GDL vom Papiertyp
Aus der GDL-Oberfläche austretende Wassertropfen an zwei Stellen der irregulären Faserstruktur einer GDL vom Papiertyp

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Letzte Änderung: 18.01.2023