Modellierung und Simulation

Open Source Zell und Stacksimulationen mit Computational Fluid Dynamics (CFD)

Ein Fokus ist die Modellierung und Simulation von der Zellkomponente bis zum Stack. Neben verschiedenen Simulationsmethoden, angepasst an die Aufgabenstellung, ist die Methoden- und Skalenkopplung eine wesentliche Herausforderung, welcher sich die Abteilung gestellt hat. Die Komplexität der Aufgabenstellung verbunden mit der hohen geforderten räumlichen Auflösung der Simulationen erfordert eine anspruchsvolle Rechnerinfrastruktur. Im Rahmen der Jülich Aachen Research Alliance (JARA) werden High Performance Computer (HPC) sowohl der RWTH als auch des Forschungszentrums Jülich verwendet, um numerische Lösungen zu generieren. Ein wichtiger Aspekt dieser Arbeiten ist, dass sowohl die Simulationen als auch die zugrundeliegenden Modelle im Sinne eine wissenschaftlichen Transparenz nachvollziehbar sind. Dies ist ein wesentlicher, wenn nicht sogar der ausschlaggebende Grund, dass kommerzielle Software für unsere Arbeiten an Bedeutung verloren hat. Der Fokus liegt deshalb seit einigen Jahren im Bereich von Open Source Software. Im Bereich der Computational Fluid Dynamics (CFD) wird konsequent OpenFOAM als Basis für die Simulationsarbeiten eingesetzt. Der wünschenswerte Austausch mit anderen Forschergruppen konnte hiermit deutlich verstärkt werden. Beispielhaft seien folgende Schwerpunkte genannt:

Zell- und Stacksimulationen (CFD)

  • Detaillierte und lokal homogenisierte Modelle, die auf der OpenFOAM-Suite basieren
  • Modelle, die sowohl Polymerelektrolyt als auch Festoxidzellen (Elektrolyseur und/oder Brennstoffzelle) beschreiben können
  • Validierung der Modelle mit hausinternen Daten (lokale Stromdichte, Temperatur) sowie Polarisationskurven
  • Bis zu 170 Millionen Mesh-Zellen auf 900 Computerkernen (bisher)

Zweiphasenströmungsmodelle

  • Zell- und Stackmodelle, basierend auf dem Euler-Euler Verfahren mit Phasenwechsel.
  • Mikroskalige Modelle in porösen Transportschichten und Gaskanälen, die nach dem volume-of-fluid (front-tracking) Ansatz gebaut wurden.
  • Automatische Netzgenerierung zur digitalen Rekonstruktion von porösen Materialien, die durch mikrocomputergestützte Tomographie-Scans erhalten werden.

Literatur

S. Zhang, U. Reimer, S.B. Beale, W. Lehnert, D. Stolten
Modeling Polymer Electrolyte Fuel cells: A High Precision Cell Analysis.
Applied Energy 233–234 (2019) 1094–1103
https://doi.org/10.1016/j.apenergy.2018.10.026

S.B. Beale, U. Reimer, D. Froning, H. Jasak, M. Andersson, J.G. Pharoah, W. Lehnert
Stability Issues of Fuel Cell Models in the Activation and Concentration Regimes
ASME Journal of Electrochemical Energy Conversion and Storage, 15 (2018) 041008-1 to 041008-7
https://doi:10.1115/1.4039858

M. Andersson, S.B. Beale, M. Espinoza, Z. Wu, W. Lehnert
A review of cell-scale multiphase flow modeling, including water management, in polymer electrolyte fuel cells.
Applied Energy, 180 (2016) 757–778
http://dx.doi.org/10.1016/j.apenergy.2016.08.010

S.B. Beale, H.-W. Choi, J.G. Pharoah, H.K. Roth, H. Jasak, D.H. Jeon
Open-source Computational Model of a Solid Oxide Fuel Cell
Computer Physics Communications, 200 (2016) 15-26.
https://doi.org/10.1016/j.cpc.2015.10.007

S.B. Beale
Mass Transfer Formulation for Polymer Electrolyte Membrane Fuel Cell Cathode.
International Journal of Hydrogen Energy, 40 (2015) 11641 -11650
https://doi.org/10.1016/j.ijhydene.2015.05.074

Transportprozess in porösen Komponenten

Der elektrochemische Umsatz bei Brennstoffzellen und Elektrolyseuren findet auf kleinen räumlichen Skalen im Nanometer-Bereich statt. Unter verfahrenstechnischen Aspekten sind das funktionale Schichten, die aus makroskopischer Sicht gewisse homogene Transporteigenschaften aufweisen. Bei den funktionalen Schichten handelt es sich um poröse Transportschichten mit Strukturen im Mikro- und Nanometerbereich. Poröse Materialien bestehen aus irregulär angeordneten Strukturen. Transportsimulationen zeigen starke lokale Streuung von Geschwindigkeiten und Strömungen, die durch lokale Anordnung von geometrischen Objekten verursacht werden. Wird das Material komprimiert, ändern sich nicht nur die homogenisierten Materialeigenschaften, sondern auch der Streuungsbereich der lokalen Geschwindigkeiten.

Stochastische Aspekte

Die Mikrostrukturen poröser Schichten zeigen lokal große Unterschiede voneinander. Daher werden – neben realen Strukturen, beispielsweise aus nano-CT-Aufnahmen – stochastische Geometriemodelle verwendet, um dreidimensionale Geometrien zu erstellen, die stochastisch äquivalent zur realen Mikrostruktur sind. In der Abbildung sind exemplarisch zwei Realisationen eines Geometriemodells dargestellt, die stochastisch äquivalent zur realen Struktur einer Gasdiffusionsschicht (gas diffusion layer, GDL) sind. Sie bestehen aus 26 Faserebenen, hier mit einer räumlichen Auflösung von 5 Bildpunkten je Faserdurchmesser. Für die Visualisierung wurden die beiden oberen Faserebenen eingefärbt. Dadurch werden lokale Unterschiede der Faserlegung hervor gehoben.

Der Transport von Gasen und auch Zweiphasengemischen wird mit der Lattice-Boltzmann-Methode auf dem Supercomputer JURECA des JSC simuliert. Dazu werden sowohl in-house als auch Open-Source-Tools angewandt. Für die Simulation auf 30 bis 500 Millionen Zellen werden derzeit bis zu 1600 Computerkerne in Anspruch genommen. Trotzdem kann angezweifelt werden, dass Simulationen auf einer einzelnen Dömane hinsichtlich lokaler physikalischer Prozesse repräsentativ sei – immerhin stellt der oben dargestellte Bildausschnitt weniger als 1 mm² des Materials dar. Die stochastische Komponente des Geometriemodells emuliert Situationen an verschiedenen Positionen des Materials, ähnlich wie beispielsweise reale dreidimensionale Aufnahmen der Mikrostruktur an unterschiedlichen Positionen Differenzen in den Einzelheiten zeigen würden. Statistische Streuung in Eingabedaten – stochastische Geometrien sind nichts Anderes – führen zu statistischer Streuung in den Rechenergebnissen, also auch von umfangreichen Simulationen. Das zeigt sich exemplarisch in der Streuung von Permeabilitäten. 25 Repräsentationen des Geometrienmodells wurden mit fünf Varianten kombiniert, in denen der Binder zwischen den Fasern angeordnet werden kann (A bis E im Bild). Aus 125 Transportsimulationen wurde jeweils die Permeabilität ermittelt. Die Streuung wird für jede Gruppe (A bis E) durch einen Boxplot dargestellt, der neben dem Minimum und Maximum die 25%-, 50%-, und 75%-Quantile zeigt.

Zweiphasensimulationen

Gasdiffusionsschichten (gas diffusion layer, GDL) bestehen aus Carbonfasern, die von Natur aus hydrophil sind. Durch die Beschichtung mit Polytetrafluorethylen (PTFE) entsteht eine gewünschte hydrophobe Eigenschaft der beschichteten Fasern. Neben der stochastischen Charakteristik der Faserlagen entsteht eine statistische Verteilung der PTFE entlang der Fasern – wirklich bekannt ist im Allgemeinen nur die Gesamtmenge des verwendeten PTFE. Wassertropfen, die auf der Kathodenseite einer Brennstoffzelle aus der GDL austreten, finden sich wegen der statistischen Charakteristik der Mikrostruktur nicht nur an zufällig verteilten Orten, sondern haben – ebenfalls wegen der irregulären Faserstruktur – auch asymmetrische Tropfenformen, die mit der rauen GDL-Oberfläche je nach Betrachtungsebene unterschiedliche Kontaktwinkel bilden.

Literatur

J. Yu, D. Froning, U. Reimer, W. Lehnert
Polytetrafluorethylene effects on liquid water flowing through the gas diffusion layer of polymer electrolyte membrane fuel cells
J. Power Sources 438 (2019) 226975
https://doi.org/10.1016/j.jpowsour.2019.226975

J. Yu, D. Froning, U. Reimer, W. Lehnert
Apparent contact angles of liquid water droplet breaking through a gas diffusion layer of polymer electrolyte membrane fuel cell
Int. J. Hydrogen Energy 43 (2018) 6318-6330
https://doi.org/10.1016/j.ijhydene.2018.01.168

D. Froning, J. Yu, U. Reimer, W. Lehnert
Stochastic Analysis of the Gas Flow at the Gas Diffusion Layer/ Channel Interface of a High-Temperature Polymer Electrolyte Fuel Cell
Appl. Sci. 8 (2018), 2536
https://doi.org/10.3390/app8122536

D. Froning, J. Yu, G. Gaiselmann, U. Reimer, I. Manke, V. Schmidt, W. Lehnert
Impact of compression on gas transport in non-woven gas diffusion layers of high temperature polymer electrolyte fuel cells
J. Power Sources 318 (2016) 26-34
https://doi.org/10.1016/j.jpowsour.2016.03.102

D. Froning, J. Yu, U. Reimer, W. Lehnert
Statistische Analyse des lokalen Wassertransportes einer Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle. Chem. Ing. Tech. 91 (2019) 865-871
https://doi.org/10.1002/cite.201800158

 J. Yu, D. Froning, U. Reimer, W. Lehnert
Liquid water breakthrough location distances on a gas diffusion layer of polymer electrolyte membrane fuel cells
J. Power Sources 389 (2018) 56-60
https://doi.org/10.1016/j.jpowsour.2018.04.004

Modellbildung für Elektrodensysteme

Die Beschreibung von elektrochemischen Systemen setzt ein grundlegendes Verständnis der an den Katalysatoren ablaufenden Prozesse voraus. In Abhängigkeit des Detaillierungsgrades ergeben sich unterschiedliche Modellbeschreibungen zur Formulierung der Nernst-Gleichung. Drei Modelle, welche jeweils einen etwas unterschiedlichen Wert für die Nernst-Spannung ergeben werden betrachtet. Dies ist insofern relevant, da praktische alle Modelle für Polarisationskurven die Nernst-Gleichung zur Berechnung der thermodynamischen Gleichgewichts-Spannung verwenden.

Die Modelle "Gaselektrode" und "Drei-Phasen-Grenze" sind sehr gut für makroskopische Beschreibungen geeignet. Das Modell "Geflutete Elektrode" eignet sich sehr gut zur mikroskopischen Beschreibung und erzielt Spannungswerte, welche näher an der Realität liegen. Es erfordert jedoch im Gegenzug die Ermittlung von Parametern, welche aus der komplexen Zusammensetzung der Katalysatorschicht resultieren. Als Erweiterung dieses Modells kann man die potentialabhängige Oxidation der Oberfläche des Platin-Katalysators berücksichtigen, welches eine zeitabhängige Beschreibung der offenen Zellspannung ermöglicht, wie sie auch im Experiment beobachtet wird.

Weiterhin führt auch die technische Herstellung der Katalysator-Schichten zu mikroskopischen Überstrukturen, welche die Funktion dieser Schichten beeinflussen.

Die Gesamtheit der elektrochemischen Prozesse, der Transportvorgänge und der mikroskopischen und makroskopischen Struktur der einzelnen Komponenten ist ebenfalls Gegenstand der Vorlesung "Modellierung in der Elektrochemischen Verfahrenstechnik", welche von Prof. W. Lehnert an der RWTH Aachen angeboten wurde.

Literatur

U. Reimer, W. Lehnert, Y. Hollade, B. Kokoh
Chapter 2: Irreversible Losses in Fuel Cells
In: V. Hacker, S. Mitsushima, Fuel Cells and Hydrogen - from Fundamentals to Applied Research, Elsevier (2018) pp 15-39
https://doi.org/10.1016/B978-0-12-811459-9.00002-5

U. Reimer, Y. Cai, W. Lehnert
Time dependence of the open circuit potential of platinum disk electrodes in half cell experiments
J. Electrochem. Soc. 166 (2019) F3098-F3104
https://doi.org/10.1149/2.0121907jes

D. Froning, W. Maier, J. Groß, T. Arlt, I. Manke, W. Lehnert
Evaluation of structural changes of HT-PEFC electrodes from in-situ synchrotron X-ray radiographs
Int. J. Hydrogen Energy 39 (2014), pp 9447-9456
https://doi.org/10.1016/j.ijhydene.2014.04.059

Letzte Änderung: 19.01.2023